Heute hatte ich das Vergnügen, beim Start des Vorverkaufs der Kraftwerk-Konzerte in Düsseldorf via www.tickets.de teilzunehmen. Wer schon mal an einem solchen Event teilgenommen hat (nein, nicht das Konzert, der Vorverkauf!), weiß, dass es egal bei welchem Anbieter schnell dazu kommt, dass die Server total überlastet sind. Heute kam dann zusätzlich noch dazu, dass für insgesamt acht Termine jeweils nur 870 Tickets zur Verfügung standen.
Wir haben mit drei Geräten versucht, Tickets zu ergattern. Zum Glück haben wir für unseren Wunschtermin zwei Tickets bekommen, dafür waren wir ab 9:45 Uhr auf der Seite, haben fast sekündlich aktualisiert und dann irgendwann gegen 10:15 Uhr zuschlagen können. Andere bekamen zu dieser Zeit bereits die Meldung, genau dieses Konzert sei bereits ausverkauft, während auf meinem Gerät noch stand, der Vorverkauf gehe um 10 Uhr los. Zwischendurch brach die Seite komplett zusammen, irgendwann wurde ausverkauft vermeldet, vereinzelt dann doch wieder Tickets verfügbar. Alles zusammengenommen also eine totale Katastrophe.
Kritik der Kunden
Da ich mir denken konnte, dass die Leute ihrem Ärger Luft machen wollen, schaute ich parallel auf der Facebook-Seite von tickets.de vorbei. Wie vermutet, schrieben die Kunden hier ihre Meinung nieder. Das Ankündigungsposting zum Vorverkauf wurde hierfür genutzt (Facebook-Posting – tickets.de kündigt Tour/Vorverkauf an).
Ich verkündete bei Facebook diesen Mini-Shitstorm, parallel auch noch ein anderer Kontakt. Nach einiger Zeit der Beobachtung vermeldete tickets.de, die zu diesem Zeitpunkt auf die Kritik noch nicht reagiert hatten, dass die Konzerte nun ausverkauft seien (Facebook-Posting – tickets.de meldet ausverkauft). Ich muss jetzt nicht sagen, dass daraufhin auch dieses Posting von den durch diesen Beitrag erst recht verärgerten Kunden kommentiert wurde.
Daraufhin twitterte ich:
#Shitstorm live erleben? Hier http://t.co/xgBM90Vj und hier http://t.co/m186rAPY #ticketsde #Kraftwerk #Vorverkauf
— Jasmin Jodlauk (@minsworld) November 10, 2012
und bekam folgende Antwort:
@minsworld Ein bisschen Kritik ist noch kein #Shitstorm. Und bei Ticketverkäufen gibt's immer welche, die keine abbekommen…
— Jörg Eisfeld-Reschke (@joergeisfeld) November 10, 2012
Ab wann wird Kritik zum Shitstorm?
Ab diesem Moment stellte ich mir diese Frage. Also begann ich zu recherchieren.
Was sagt Wikipedia?
„Massenhafte öffentliche Entrüstung führt dazu, dass sachliche Kritik mit zahlreichen unsachlichen Beiträgen vermischt und eine sinnvolle Diskussion dadurch verhindert wird.“
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Shitstorm
Der Duden definiert den Shitstorm als
„Sturm der Entrüstung in einem Kommunikationsmedium des Internets, der zum Teil mit beleidigenden Äußerungen einhergeht“.
Quelle: http://www.duden.de/rechtschreibung/Shitstorm
Nach diesen Definitionen reichen also die über 300 meist verärgerten und zu großen Teilen auch unsachlichen Kommentare für einen Shitstorm aus. Insbesondere, wenn man die Facebook-Seite von tickets.de genauer betrachtet und feststellt, dass die sonstige Kommunikation der Kunden über dieses Medium sehr gering ist.
Jetzt muss man aber auch beachten, dass diese Kritik heute nur über Facebook stattfand, vereinzelt auch bei Twitter. Beim Microblogging-Dienst findet jedoch keinerlei Erwähnung von tickets.de statt:
Schon bemerkenswert, daß ausgerechnet bei den Techno-Vorreitern die Technik versagt. #Kraftwerk
— Michael Kuhn (@Mi_Kuhn) November 10, 2012
Tickets in den Warenkorb gelegt – Warenkorb leer. #kraftwerk #fail
— Markus Huendgen (@videopunk) November 10, 2012
Scheisse!! Scheisse! Wegen zu großer Nachfrage können gerade keine Tickets gekauft werden. Bitte versuchen Sie es später.. . #kraftwerk
— alexschweigert (@alexschweigert) November 10, 2012
in den warenkorb -> der warenkorb ist leer #grummel #kraftwerk
— forschungstorte (@forschungstorte) November 10, 2012
Die Defintionen sprechen also für einen Shitstorm. Aber stimmt das?
Wie gut, dass http://www.feinheit.ch und eine Skala zur Verfügung stellt, die anlehnend an die Beaufort-Windskala eine Einteilung vornimmt:
Anhand dieser Skala lässt sich der Wind bei tickets.de in Stufe 2-3 einsortieren, da wir hier von einer stark beteiligten Community mit wiederkehrenden Teilnehmern über zumindest zwei Medien (Facebook und Twitter) sprechen. Ob jetzt mein Blogartikel dafür ausreicht, um eine sichere Einordnung in Stufe 3 zuzulassen, darfst du beurteilen, lieber Leser oder liebe Leserin.
Da man jedoch bei einer frischen Brise noch relativ ungefährdet das Haus verlassen kann, stimme ich Jörg (@joergeisfeld) jetzt einfach mal zu:
Bisher war das wohl noch kein Shitstorm.
Da der Ärger bei solchen Ticketkäufen meist schnell verfliegt (aus eigener Erfahrung und weil man ja eh nichts mehr ändern kann), wird dieser Kritiksturm wohl Stufe 4 auch nicht mehr erreichen.
Wieso kam es dennoch zur frischen Brise?
Aus meiner Sicht hat sich tickets.de bei Facebook zu spät zu Wort gemeldet. Erst gegen 12.45 Uhr, also fast 3 Stunden nach Beginn des Vorverkaufs, meldeten sie sich mit einem Kommentar (Facebook-Kommentar von tickets.de) als Antwort auf das zweiten „Ausverkauft“-Posting: „Wir bedauern wirklich sehr, dass es bei manchen Bestellungen zu Problemen kam. Bei einer sehr doll begrenzten Kapazität, der eine immense Anfrage gegenübersteht, lässt sich das leider nicht vermeiden.“ Eigentlich genau richtig, aber durch den späten Zeitpunkt wirkte dieser Beitrag nicht mehr deeskalierend.
Zudem wurde im Vorfeld nicht bekannt gegeben, dass es pro Termin nur wenige Tickets geben und somit der Ansturm sehr groß sein würde. wenn natürlich für acht Termine in Summe weniger Tickets im Verkauf sind, als sonst für ein kleines Konzert, ist natürlich klar, warum diese so schnell ausverkauft waren.
Grundsätzlich sollten die Ticket-Anbieter ihre Server-Kapazitäten überdenken. Bei jedem größeren, beliebteren Event sind diese vollkommen überfordert.
UPDATE
Nach dem Wochenende haben die Community Manager von tickets.de dann doch nochmal eine Entschuldigung zum Ticketchaos geschrieben:
https://www.facebook.com/tickets.de/posts/423124851076853
Dieser Beitrag zeigt jedoch leider, dass das wirkliche Anliegen der Fans nicht erkannt wurde.
Dieser Kommentar (Link) widerlegt die Aussage, man habe keine technischen Schwierigkeiten gehabt und zeigt zugleich, dass die nicht die geringe Anzahl der Tickets das Problem waren.
Die Anzahl der Kommentare unter den beiden oben erwähnten Postings hat inzwischen die 300 überschritten.
<tl;dr>Beim Ticketverkauf für einige Kraftwerk-Events waren die Server sehr überlastet und dadurch die Kunden von Tickets.de sehr verärgert. Dieses taten sie bei Facebook und Twitter kund und dieser Artikel stellt heraus, dass diese Kommentarflut eher ein „Kritiksturm“ mit maximal Stufe 3 der Shitstorm-Skala war.<tl;dr> |
10. November 2012 um 15:41
Hallo Jasmin,
vielen Dank, dass Du das Thema aus den 140 Zeichen heraus in den Blog gehievt hast. Der Begriff shitstorm ist schnell in vieler Munde, doch eigentlich braucht es eine ebenso differenzierte Betrachtung wie in Deinem Blogpost.
Ticket.de hat einen Fehler gemacht – ohne Frage. Hätten sie nicht reagiert oder ihr Bedauern nicht ausgedrückt, dann hätten sie schwere Folgefehler gemacht, die für ein Anschwellen des Kritiksturms gesorgt hätten.
Aber worum geht es im Kern der Kritik? Um nicht ausreichende Serverpower? Nein. Um eine Ankündigung des Exklusivitätscharakters der Show? Ein bisschen. Um enttäuschte Hoffnung der Kraftwerk-Fans? Ja, auch. Um eine Nicht-Erbingung bezahlter Leistungen? Nein. Um faire und gleiche Startbedingungen für alle Interessierten? Nicht im Leben. Um die Kommunikation danach? Ja.
Im Endeffekt ging es um eine blöde Situation. Nicht um wirklich grundsätzliches oder für die Menschen elementar wichtiges.
Wir sollten nicht vergessen, dass die gemeinsamen Interessen von Band- und Plattform-Marketing erfüllt wurden: AUSVERKAUFT IN WENIGEN MINUTEN. Als Social Media Manager wissen wir gleichwohl, dass uns solche Momentaussagen nur einen kurzfristigen Vorteil bringen können… auf lange Sicht es es das ehrliche und gute Community-Management. Und deshalb bin ich gespannt darauf, wie die Plattform ihre Kommunikation in den nächsten Tagen fortsetzt.
Danke für das Aufgreifen & schönes Wochenende,
Jörg